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Es hat 88 Tasten und lässt mich in eine andere Welt eintauchen, in eine eigene Welt voller Musik: Mein Klavier. Seit ich denken kann gehört das braune Klavier, ein Erbstück, zu unserem Familienleben. Es stand immer in unserem Wohnzimmer und erst nach unserem Umzug vor einigen Jahren wechselte es den Platz und fand im Zimmer meiner Schwester ein neues Zuhause.

Als ich vier Jahre alt war, hat das gemeinsame Vierhändigspielen mit meiner Mutter meine Lust an dem großen viereckigen Kasten mit den 52 weißen und den 36 schwarzen Tasten geweckt. Seitdem ist es mein Freund, ein treuer Begleiter in Moll oder Dur, je nachdem wie die Lebenslage gerade ist. Als ich beispielsweise vom Tod meiner Großmutter erfuhr, habe ich mich im Zimmer eingeschlossen und stundenlang Klavier gespielt, so meinem Schock und meiner Trauer Ausdruck verliehen. Danach ging es mir besser. Ein Trompeter von Weltklasse sagte mal über seine Trompete, dass sie für ihn wie ein Spiegel der Seele sei. Für mich ist es das Klavier.

Das Klavier stellt für mich so etwas wie einen Ruhepunkt in meinem Leben dar, einen Ort, an den ich mich zurückziehen kann. Da zählen nur noch ich und die Musik. Da kann ich entspannen und auch meine Aggressionen loswerden. Da bin ich Herrscherin über die Tastatur der Stimmungen und Verstimmungen. Das Klavier ist aber zugleich auch ein Ort, an dem ich wie ein Sportler meine Leistung verbessern kann. Es ist ein schönes Gefühl, wenn man nach intensiven, stundenlangem Üben – zuweilen mit Kreuzschmerzen – vom Klavierstuhl aufsteht und mit einem Lächeln auf dem Gesicht zu sich sagen kann: „Jetzt kann ich dieses Stück!“

„Mit Recht erscheint uns das Klavier, wenn´s schön poliert, als Zimmerzier. Ob´s außerdem Genuß verschafft, bleibt hin und wieder zweifelhaft“, so dichtete einst der große Wilhelm Busch. Wie Recht er hat. Und wenn es bei mir gar nicht nach Genuss klingen wollte, dann habe ich mir als Kind schon mal in die Finger gebissen. Denn die waren schließlich für die falschen Töne verantwortlich, nicht das Klavier. Das mit dem Fingerbeißen habe ich übrigens inzwischen aufgegeben, auch wenn meine Finger ab und zu auf Abwege geraten und nicht das spielen, was sie sollten. Heute weiß ich mir da auf andere Weise zu helfen.

Dass ich schon so früh mit dem Klavierspielen beginnen durfte und auch, dass ich von mir sagen kann, dass ich sehr gut Klavier spiele, sehe ich heute als Privileg und vor allem als Geschenk Gottes an. Gott hat mir das Talent dazu gegeben und dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Das Klavierspielen hat mir viele wertvolle Begegnungen mit anderen Menschen ermöglicht. Als Klavierbegleitung und Duopartnerin durfte ich interessante Erfahrungen sammeln, z.B. bei Rundfunkaufnahmen. Das bleibt unvergessen.

Zudem gibt es kaum etwas Schöneres, als einem Mitmenschen eine Freude zu bereiten, nur weil man ihm etwas auf dem Klavier vorspielt. Heute spiele ich nicht mehr, weil ich der Welt zeigen will, wie gut ich bin, sondern, weil ich Menschen damit erfreuen kann. Zum Glück haben einige Kirchengemeinden ein Klavier in ihren Kirchen oder Gottesdiensträumen und so kann ich meine Künste auch zur Ehre Gottes erklingen lassen. Dann kann ich ihm mit jedem Ton „Danke“ sagen, dass ich Klavierspielen kann.

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