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Namen sind Programm. Sind Protestanten also immer dagegen? Wie kommt der Protest in den Protestant? Ein folgenschwerer Protest steht am Anfang: Wir schreiben das Jahr 1529, der evangelische Glaube in Deutschland ist noch ganz jung. Die evangelischen Fürsten „protestieren“ gegen einen Entschluss des Reichstages in Speyer. Der wollte den evangelischen Ländern die Rechtssicherheit wieder entziehen. Die „Protestanten“ berufen sich dabei auf ihre Glaubens- und Gewissenfreiheit: Wenn es um unser Heil und unsere Seligkeit geht, dann muss „ein jeglicher für sich selbst vor Gott stehen und Rechenschaft ablegen.“

Lang ist’s her – möchte man sagen. Und heute? Was macht für mich einen Protestanten/eine Protestantin aus? Protestantisch wird oft mit nüchtern gleichgesetzt, und schnell heißt’s dann: Protestanten sind „langweilig“ oder „trocken“. Sicher: Protestantische Kirchenräume wirken oft nüchterner als die oberbayerisch-barocken katholischen Kirchen.

Doch wer meint, Protestanten verstünden nichts von Lebensfreude, der täuscht sich gewaltig! Wahre Protestanten lieben das Leben in all seiner Prallheit, mit all seiner Schönheit. Nichts ist ihnen fremd, weder die Höhen und Tiefen des Lebens noch Lachen und Weinen. Denn Protestanten glauben, dass über ihrem Leben ein großes Ja steht, das bedingungslose Ja Gottes zu uns. Das lässt sie hoffentlich gnädig mit sich selbst und anderen umgehen. Lebensfeindlichkeit – das hat nichts mit Protestantismus zu tun, genauso wenig wie moralinsaueres Gehabe.

Und trotzdem, es ist schon etwas Wahres dran: Ein nüchterner Weltblick gehört für mich zum Protestantismus untrennbar dazu. Ich wünsche mir Protestanten, die sich nichts vormachen lassen von den vermeintlichen Glücksbringern, den angeblich immer Fröhlichen und Fitten. Ich wünsche mir Protestanten, die sich nicht einlullen lassen und nicht die Augen davor verschließen, wie es in unserer Welt wirklich aussieht. Sie mischen sich ein, protestieren auch schon einmal, um ihrem Namen alle Ehre zu machen. Mein Bild von guten Protestanten? Mit beiden Füßen auf der Erde und über mir den Himmel offen.

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