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Baulärm klingt durch das offene Fenster, Bagger, Zementmaschinen sind am Werk. Das Neubaugebiet ist nicht weit weg, ich kann es vom Fenster aus sehen. 30 Jahre lang war Ruhe, doch die Bagger sind wieder da. Der Nürnberger Süden wird weiter erschlossen. Die Gemeindemitglieder berichten, dass alles nicht mehr so ist, wie es mal war. Dass es früher keinen Aldi und keinen Plus gab, dafür aber Wald. Skeptisch stehen sie dem Neubaugebiet gegenüber und auch den "Neuen".

Einige berichten, dass sie selbst Neue sind. Sie wohnen erst seit 30 Jahren hier. Davor war auch das Gebiet, das sie selbst bewohnen, bewaldet. Meine Nachbarin erzählt das oft: „Vor 40 Jahren, als ich her zog, da waren wir das letzte Haus vor dem Wald“.

Heute sind genau dort viele Straßen mit Menschen, die hier eine Bleibe, ein Zuhause gefunden haben. Sie sind aus den benachbarten Stadtteilen hergezogen, weil es hier kinderfreundlicher ist, weil es mehr Platz zum Wohnen gibt und man das Bauland bezahlen kann.

Mit dem Neubaugebiet kommen viele verschiedene Gedanken: Da geht Natur verloren, da kommt Infrastruktur. Mit neuen Bewohnern kommen neue Chancen, neue Anforderungen und auch zahlreiche Probleme. Manche zum ersten Mal. Neubaugebiete, sie lösen Ängste, Hoffnungen und Freude aus.

Das sind Gefühle, die genauso alt sind wie die Menschheit. Schon immer sind wir Menschen gewandert, haben uns woanders angesiedelt. Auch Abraham machte sich auf in ein neues Land. Die für mich schönste Umsiedlungsgeschichte der Bibel erzählt das Buch Rut:

Elimelech zog auf Grund einer Hungersnot von Bethlehem aus mit seiner Familie ins Land der Moabiter. Nach seinem Tod, zieht es seine Frau Noomi zurück in ihr Heimatland und ihre moabitische Schwiegertochter Rut, selbst Witwe, entschließt sich, in das fremde Land Israel umzuziehen. Sie ist eine Fremde in Bethlehem und versucht neu anzufangen: Ohne Freunde, ohne Bekannte, ohne Verwandte. Ja, sie ist in diesem fremden Land so arm, dass sie die Getreidereste aufheben muss. Doch Boas, der Besitzer, sieht sie, geht auf sie zu und heiratet sie.

Eine Geschichte mit einigen Parallelen zu unserer heutigen Zeit: Auch zu uns ziehen Fremde ohne Freunde, Bekannte und Verwandte. Und auch wir sind dazu aufgerufen, auf die Neuzugezogenen zuzugehen. Denn sie bringen neue Sichtweisen, neue Ideen und viel Kraft in ein Stadtviertel. Ja, sie haben Erfahrung aus anderen Orten, von denen die Alteingesessenen oft profitieren können.

Ja, der eine oder andere könnte unter den Neuzugezogenenen vielleicht sogar seine zukünftige Braut kennen lernen. Übrigens: Rut erlangte in der Geschichte noch einigen Ruhm: Sie, die "Neue", wurde zur Ahnin des großen israelitischen Königs David.

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