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Quietschende Reifen reißen mich aus dem Schlaf. Eine Autotür wird aufgerissen. Ich schaue zum Wecker: Vier Uhr dreißig. Ein Mann schreit: „Raus mit Dir!“. Der Motor heult auf, das Auto rast davon. Dann Stille. Ich schlage die Bettdecke zurück und gehe zum Fenster. Mitten auf der Straße sehe eine junge Frau in einem Kleid liegen. Widerwillig ziehe ich mich an und gehe die Treppen hinunter. Die Frau hat sich aufgerafft, sie hält sich an einem parkenden Auto fest. „Kann ich Ihnen helfen?“. Sie schaut nach unten, ihr Make-up ist verwischt: „Dich finde ich, Du Schwein.“ Dann blickt sie mich an: „Bringen Sie mich nach Hause ?“ Sie nennt ihre Adresse. Ich frage: „Soll ich die Polizei rufen?“, „Die Polizei? Für die bin ich doch schuld“, antwortet sie.

Die Polizei ist schon da, jemand muss sie angerufen haben. Zwei Streifenwagen, in jedem sitzen drei Beamte. Sie fahren langsam die Straße entlang. Ich gehe auf einen Wagen zu. Der Fahrer lässt seine Scheibe eine Handbreit herunter: „Haben Sie uns angerufen?“, „Nein. Die Frau ist aus dem Wagen geworfen worden. Sie wohnt im Norden der Stadt“. „Hat sich ihrem Kunden gegenüber wohl unziemlich verhalten“, der Polizist nickt dem Fahrer des anderen Wagen zu. Und ich denke: Wer verhält sich hier wem gegenüber unziemlich? Da sind die beiden Streifenwagen schon weggefahren. Einfach weggefahren. Warum steigen sie nicht aus, und fragen die Frau? Sie könnte verletzt sein? Vielleicht ist sie vergewaltigt worden!

Ich rufe ein Taxi. „Bitte fahren Sie mit. Ich steige da nicht alleine ein“. Ich frage sie, ob bei ihr jemand zu Hause ist, der helfen kann. Sie sagt: „Ich wohne allein. Zu Hause ist nur der Heilige Geist“. Im Auto krümmt sie sich vor Schmerzen: „Er hat mich in den Bauch getreten. Und mein letztes Geld ist auch weg. Ich will nach Hause. Da bin ich geborgen. Morgen geht dann alles wieder von vorne los“. Auf dem Rückweg meint der Taxifahrer: „Die Frau trug Socken und Sandalen, für eine Prostituierte ziemlich ungewöhnlich. Die Mädchen sind schon arm dran. Sie werden durch die Heime gejagt, und alle drei Tage müssen Sie das Geld abgeben. Da geht es rauh zu. Wir hätten sie doch ins Krankenhaus fahren sollen.“

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